28.3. / 4.4.2014 – Die Ziele des Vatikan in der Ukraine – „Kreuzzug gegen die Orthodoxie“? – Katholischer ukrainischer Bischof reiste in die USA und forderte im Februar 2014 Eingreifen der US-Regierung, um den Maidan-Aufstand schneller zum „Erfolg“ zu bringen – US-Präsident Barack Obama wurde von Papst Jorge Bergoglio zu einer Privataudienz empfangen, wo die beiden mächtigsten Männer „dieser irdischen“ Welt auch über ihre Interessen in der Ukraine sprachen. Außerdem wurde bereits das nächste Treffen der beiden vereinbart, das 2015 in Washington stattfinden soll. Viele sprechen von einer Achse Rom-Washington als der eigentlichen irdischen Großmacht, welche wesentliche weltpolitische Weichenstellungen vornimmt. Und obwohl der Papst sich nicht lautstark im Ukraine-Konflikt zu Wort gemeldet hat, waren die Hintergrundaktivitäten womöglich desto intensiver.
So schreibt kathweb.at am 27.3.2014: „Das Moskauer Patriarchat hat die griechisch-katholische (unierte) Kirche in der Ukraine wegen ihrer ´Einmischung in die Politik` in der gegenwärtigen Krise im Land scharf kritisiert.“
Neben über 60 % Konfessionslosen und Atheisten in der Ukraine ist die Russisch-Orthodoxe-Kirche stärkste gesellschaftlich prägende Kraft in dem Land. Diese ist jedoch seit der Auflösung der Sowjetunion und der Unabhängigkeit der Ukraine gespalten in nahezu zwei gleich große Patriarchate, dem Moskauer und dem Kiewer Patriarchat, das sich aus der bis dahin einheitlichen orthodoxen Kirche abgespalten hat. Nun streitet beide Patriarchate um die Macht und beide haben einen Bevölkerungsanteil von ca. 13 %. Daneben gibt es jedoch noch zwei weitere orthodoxe Kirchen, eine kleine autonome und eine, die nur dem Schein nach orthodox ist, die besagte griechisch-katholische unierte Kirche der Ukraine mit einem Bevölkerungsanteil von ca. 5 % und einem prominenten Mitglied, dem aus dem Maidan-Putsch hervor gegangenen Übergangs–Regierungschef Arsenij Jazenjuk von der damaligen Timoschenko-Vaterlandspartei. Diese Kirche praktiziert zwar einen orthodoxen Ritus, ist jedoch katholisch und dem Papst in Rom unterworfen.
„Wir Orthodoxe haben die Unierten immer in einem sehr negativen Licht gesehen“, so der Metropolit der Russisch-Orthodoxen Kirche der Ukraine Hilarion Alfejew. „Sie betreiben ein spezielles Projekt der katholischen Kirche, weil sie sich kleiden wie Orthodoxe, orthodoxen Ritualen folgen, aber in der Tat Katholiken sind, denen der Vatikan einen gewissen Spielraum gewährt.“ (zit. nach kathweb.at, 27.3.2014)
Man könnte sagen, die griechisch-katholische Kirche ist das U-Boot des Vatikan in der Ukraine, und sie ist straff pro-westlich.
Anfang 2014 hat der orthodoxe Patriarch bzw. Metropolit Hilaron Alfejew seine Kritik verstärkt. Die Katholiken hätten in der Ukraine einen „Kreuzzug gegen die Orthodoxie“ begonnen (zit. nach domradio.de, 4.4.2014). Hilarion wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Oberhaupt der griechisch-katholischen Kirche, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk von Kiew, im Februar in die USA gereist sei und die US-Regierung aufgefordert hat, in der Ukraine einzugreifen (!) und das Land „in Ordnung zu bringen“. Die Kirche war also auch in diesem Fall der „Eintreiber“ für die westliche Einmischung. Damals regierte noch Präsident Janukowitsch. Mit dabei auf der Reise in die Washingtoner Machtzentrale war auch der vom Moskauer Patriarch exkommunizierte Patriarch Filaret des abgespaltenen Kiewer Patriarchats. Parallel dazu machten pro-westliche Kirchenvertreter auch mehrfach über Radio Vatikan entsprechend Stimmung.
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass der Vatikan die von der orthodoxen Kirche geprägte slawische Welt zum Papsttum „zurückführen„ möchte. Die orthodoxen Kirchen wurden 1054 von Papst Leo IX. als „Quelle aller Häresien“ mehr oder weniger aus der römisch-katholischen Kirche verstoßen (der Konflikt zog sich vom 5. bis ins 15. Jahrhundert hin). Doch der Vatikan will sich die orthodoxen Kirchen Osteuropas wieder einverleiben.
In diesem Sinne schreibt der bekannte Historiker Karlheinz Deschner über Papst Benedikt XV. (1854-1922): „So betrachtet Benedikt die [mit Rom] unierten [orthodoxen] Gemeinschaften als Vorposten der römischen Kirche, die von Weißrussland und der Ukraine aus vorgehen und die orthodoxe slawische Welt für das Papsttum gewinnen sollten. (Opus Diaboli, S. 152)
Und was die Ukraine betrifft, ist mit dem „Vorposten“ eben diese griechisch-katholische unierte Kirche gemeint, die bereits dem Papsttum untersteht.
Genau daran knüpfte Papst Benedikt XVI. im Jahr 2005 wieder an, indem er gleich nach seiner Papstwahl im Jahr 2005 die „Ökumene-Bemühungen“ mit den orthodoxen Kirchen verstärkt und entsprechende Maßnahmen einleitet. (PS: Das Ziel von „Ökumene“ ist für die katholische Kirche immer die Einverleibung anderer Kirchen.)
Sein „Minister“ in dieser Angelegenheit, der deutsche Kardinal Walter Kasper, erklärt dazu: „Wir wollen den orthodoxen Kirchen ja nichts wegnehmen, sondern ihnen etwas geben: Das Petrusamt könnte auch ihnen die universale Präsenz bringen.“ (Focus Nr. 33/2005)
Damit lässt der Vatikan bereits die Katze aus dem Sack. Er will den Orthodoxen das „Petrusamt“ „schenken„, was praktisch bedeutet: Sie sollen sich wieder dem Papst in Rom unterwerfen bzw. unterstellen. Das sind auch die Interessen des Vatikan auch in der Ukraine. Jede Schwächung der orthodoxen Kirche in Russland, in der Ukraine, in Serbien oder anderswo käme dabei diesen Interessen des Vatikan entgegen, da die selbstbewussten orthodoxen Kirchen sich bislang keineswegs wieder dem „Stuhl Petri“ in Rom unterwerfen wollen.
Und die orthodoxe Kirche in der Ukraine ist durch die Spaltung in zwei Großpatriarchate sehr stark geschwächt. Bei über ca. 60 % Konfessionslosen und Atheisten sind nicht mehr so viele Menschen mit den Großkirchen verbunden.
Nun ist im Jahr 2014 die Ukraine gar in Aufruhr. Dort gibt es kaum römisch-katholische Kirchenmitglieder, meist Angehörige der polnischen oder deutschen Minderheit, ca. 1 % der Bevölkerung, aber eben die ebenfalls romtreuen Griechisch-Katholischen. Über die Vertreter dieser Kirche handelt auch der Vatikan in dem Land, zusätzlich zu der kleinen Minderheit der unmittelbar Römisch-Katholischen.
Doch diese waren wiederum von Anfang an die Stützen des Maidan–Aufstands, indem man monatelang die Gratis-Verpflegung der Aufständischen und Demonstranten betrieb. Ohne die tägliche Versorgung der Demonstranten, Barrikadenbauer und Gebäudebesetzer mit warmen Mahlzeiten hätte der Aufstand gegen die demokratisch gewählte Regierung nicht in dieser Weise eskalieren können.
Der Caritas-Chef der Ukraine sprach sich bis zuletzt auch gegen das Vorgehen der staatlichen Ordnungskräfte aus, den Aufstand einzudämmen, und er warb um Verständnis auch für die gewalttätigen Aufständischen. Auch die rechtsradikale Partei „Swoboda“, die mit der deutschen NPD verbündet ist, vertritt für den Caritas-Chef „zunächst einmal die demokratischen Werte“ (ntv.de 30.1.2014). So sagte es der Vertreter der katholischen Hierarchie.
Das ist nicht überraschend. Dass der Vatikan und die Rom–Kirche bevorzugt mit faschistischen und rechtsradikalen Parteien immer wieder Bündnisse geschlossen hat und diese sogar inspiriert hat, weiß man aus dem 20. Jahrhundert aus Italien, Spanien, Deutschland, Kroatien, Österreich, der Slowakei, Chile, Argentinien und vielen, vielen Ländern mehr (siehe hier). Wenn auf dem Petersplatz also vom „Frieden“ gesprochen wird, dann geht es heute wie damals um handfeste politische und klerikale Interessen.
Was hat der Papst nun in der Ukraine vor, nach dem Sturz der Regierung Janukowitsch aus überwiegend russisch-orthodoxen Ministern? Vordergründig war es nur Folklore, als Jorge Bergoglio am 26.1.2014 vor seinen Predigtworten zur Ukraine zwei gezüchtete weiße Tauben von seinem Balkon auf dem Petersplatz in Rom fliegen ließ. Bezeichnenderweise wurden sie aber sofort von einem Raben und einer Möwe attackiert – ein symbolhaftes Zeichen, dass an seiner Friedensbotschaft einiges nicht stimmt. (siehe hier)
Zum Vergleich: Als Anfang der 80er Jahre der Kommunismus in Polen gestürzt wurde, hatte der Vatikan daran entscheidenden Anteil.